Das Calcutta Project - Basler Studierende im Einsatz für die Basisgrundversorgung in Kolkata

Effektive Hilfe in den Slums von Kolkata

Von Martina Obrecht und Mathias Knecht

Seit nun mehr fast 18 Jahren betreiben Studierende der Universität Basel in enger Zusammenarbeit mit der Partnerorganisation S.B. Devi Charity Home (SBDCH) ein Ambulatorium in den Slums von Kolkata, mit dem Ziel, einen Beitrag zur Verbesserung der Lebensbedingungen von sozial benachteiligten Menschen zu leisten. Diese Einrichtung ist zu einer wichtigen Anlaufstelle für die lokale Bevölkerung geworden und wurde inzwischen zu einem Gesundheitszentrum ausgebaut, das weitere Programme beherbergt.

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Kolkata ist mit fünf Millionen EinwohnerInnenn eine der grössten und bedeutendsten Städte Indiens und die Hauptstadt der Provinz West-Bengalen. Die gesamte Metropolregion Kolkatas ist mit rund 15 Mio. Einwohnern der drittgrösste Ballungsraum des Landes. Laut der letzten Volkszählung aus dem Jahre 2001 lebt rund ein Drittel der Stadtbevölkerung in Slums. Viele Einwohner haben keinen Zugang zu sanitärer Grundversorgung, was zu prekären hygienischen Bedingungen führt. Auch die Infrastruktur im öffentlichen Gesundheitsbereich ist in gewissen Vierteln äusserst schlecht ausgebaut. Am meisten betroffen von diesen Umständen sind ärmere Bevölkerungsschichten.

Das Calcutta Project

Dank der Stiftung Calcutta Project Basel, 1991 von Studenten der Universität Basel gegründet, sind in Kolkata gemeinsam mit der Partnerorganisation SBDCH verschiedene Programme zur lokalen medizinischen Grundversorgung ins Leben gerufen worden. Die Stiftung, die sich von Anfang an der Entwicklungszusammenarbeit im Gesundheitsbereich in den Slums von Kolkata widmete, wird seit ihrer Gründung von Studierenden unterschiedlicher Fachrichtungen der Universität Basel geleitet.

So sind die MitarbeiterInnen des Calcutta Project Basel für die Finanzierung und das Monitoring der Programme zuständig und organisieren auch einen Austausch von Studierenden zwischen Indien und der Schweiz, sowie interne Weiterbildungsevents. Die Stifung besteht aus der Geschäftsleitung, dem Stiftungsrat und einem Patronatskommitee. Zudem gibt es weitere Ressorts, die sich mit Public Relation und Fundraising, dem Studierendenaustausch und dem Monitoring der Programme befassen. Jegliche Arbeit wird auf freiwilliger Basis geleistet. Hauptkommunikationsmittel zwischen den Ressorts sind regelmässige Sitzungen. Viele Mitglieder schöpfen zudem auch aus privaten Verbindungen untereinander neue Ideen und Motivation. Durch die unterschiedlichen fachlichen Hintergründe, die jedes Mitglied in die Stiftung einbringt, entstehet eine reiche interdisziplinäre Wissensbasis und ein fächerübergreifender Austausch. Zudem kann die Stiftung auch auf fachliche Unterstützung aus dem Stiftungsrat und dem Patronatskomitee zurückgreifen. In diesen Netzwerken sind unter anderem Professoren der Universität Basel, MitarbeiterInnen des Schweizerischen Tropeninstituts und ÄrztInnen des Universitätsspitals Basel vertreten. Sämtliche Arbeit des Calcutta Project Basel und des SBDCH wird durch Spendengelder finanziert. Diese stammen von privaten und öffentlichen Institutionen oder Privatpersonen.

Freiwilliges Engagement

Für die Durchführung der verschiedenen Programme in Kolkata ist die Partnerorganisation S.B. Devi Charity Home (SBDCH) zuständig. Diese erhält dafür finanzielle Unterstützung vom Calcutta Project Basel. Der Kern der Aktivitäten des SBDCH ist das Gesundheitszentrum in der Altstadt Kolkatas. Von hier aus werden die einzelnen Programme koordiniert und administriert. Ausserdem ist das Ambulatorium im Gesundheitszentrum untergebracht. Im Ambulatorium bietet ein indisches Ärzteteam an sechs Tagen in der Woche Sprechstunden und Behandlungen an. Neben westlicher Schulmedizin (Allopathie) wird auch Homöopathie und die traditionelle indische Medizin Ayurveda praktiziert. Sämtliche Ärzte arbeiten hauptberuflich in Spitälern oder eigenen Praxen. Die zusätzliche Arbeit im Ambulatorium geschieht auf freiwilliger Basis. Dank dieser solidarischen Unterstützung der Ärzte ist es möglich, den Patienten die Behandlungen und Medikamente zu einem ihren Verhältnissen angepassten Betrag anzubieten. Pro Jahr werden so im Ambulatorium durchschnittlich 10'000 Behandlungen durchgeführt.

Beispielhafte Präventionsprogramme

Mother and Child Health Care: Das Calcutta Project Basel legt grossen Wert auf präventive Arbeit vor Ort. So wurde 1994 das MCH-Programm (Mother and Child Health Care) ins Leben gerufen, dass sich intensiv Müttern und ihren Kindern widmet. Im Rahmen dieses Programms werden schwangere Frauen und Kinder bis etwa fünf Jahre begleitet und medizinisch betreut. In regelmässigen Aufklärungsveranstaltungen werden Themen wie Hygiene, Familienplanung und Geschlechtskrankheiten angesprochen. Zur Geburt werden die Patientinnen in nahegelegene Spitäler eingewiesen, mit denen entsprechende Abkommen bestehen.

Public Health in Prostitute Area: Ein weiteres Präventionsprogramm wurde 1997 ins Leben gerufen. Das PHPA-Programm (Public Health in Prostitute Area) ist in einem der grössten Rotlichtviertel Kolkatas stationiert. Ein Ärzteteam unterhält eine kleine Krankenstation und betreibt Aufklärungsarbeit. In Einzel- und Gruppenberatungen, Exkursionen und gemeinsamen Aktivitäten werden Themen wie sexuell übertragbare Krankheiten, Ernährung und Hygiene mit den Prostituierten offen diskutiert. Nebst der AIDS-Prävention ist es dem Ärzteteam äusserst wichtig, den Frauen Selbstbewusstsein zu vermitteln und ihnen in ihrem äusserst harten Alltag ein wenig beizustehen. Das PHPA ist mittlerweile zum grössten Kondomverteiler Kolkatas geworden.

Health Check up for School Children: Im darauffolgenden Jahr wurde ein weiteres Programm gegründet. Das HCPSC-Programm (Health Check up for School Children) koordiniert ein Ärzteteam, das in Schulen Gesundheits-Checkups durchführt. Diese Schulen werden meist von Kindern aus ärmeren Familien besucht, die sich eine private medizinische Versorgung nicht leisten können. Zusätzlich zur regulären gesundheitlichen Untersuchung werden Informations- und Präventionsveranstaltungen durchgeführt. Dabei werden auch die Lehrpersonen und Eltern miteinbezogen. So soll das Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung gefördert werden.

Fruchtbare Zusammenarbeit

Das Calcutta Project Basel und SBDCH haben für weitere Programme auch mit anderen Institutionen kollaboriert. In enger Begleitung des Universitätsspital Basel und zweier Spitäler in Kolkata ist so zur Jahrtausendwende ein Gebärhilfeprogramm entstanden. Dieses richtet sich an Frauen aus ärmeren Schichten. Durch gezielte anästhesistische Eingriffe soll das Risiko eines unnötigen oder notfallmässigen Kaiserschnitts gemindert werden.

In den letzten Jahren hat das Ärzteteam des SBDCH auch bei der Ausarbeitung einer virtuellen Bibliothek mitgeholfen. Dadurch ist eine virtuelle Plattform entstanden, in der medizinisches Wissen gesammelt und weitergegeben wird.

Das jüngste Programm ist ein Kinderhort, der Kindern von Prostituierten eine sichere Übernachtungsmöglichkeit bieten soll. Die Kinder erhalten einen geschützten Ort, wo sie ihre Zeit verbringen können, während ihre Mütter arbeiten. Im Kinderhort erhalten sie Betreuung und Unterkunft. Die Kinder können auch von Stützunterricht und gezielter Förderung profitieren. Ein integrierter Kindergarten bietet Unterhaltung in Verbindung mit pädagogischer Unterstützung.

Die Zusammenarbeit zwischen den beiden Partnerorganisationen hat sich fortwährend intensiviert und professionalisiert. Weiterhin wird versucht, die aktuellen Programme zu optimieren und neue Ideen umzusetzen. Die Arbeit von Calcutta Project Basel und SBDCH bringt allen Beteiligten einen grossen Reichtum an Erfahrung und die Erkenntnis, dass es weiterhin möglich ist, mit relativ geringem finanziellem und organisatorischem Aufwand Entwicklungszusammenarbeit aufzubauen, die effektive Hilfe leisten kann.

*Martina Obrecht hat den Bachelor of Arts in Ethnologie und Geografie abgeschlossen und beginnt ein Masterstudium in African Studies. Sie ist Monitorin des HCPSC-Programms und Mitglied der Geschäftsleitung des Calcutta Project Basel.

*Matthias Knecht studiert Ethnologie und Geografie und ist Monitor des Ambulatoriums.

Kontakt: pk@calcutta-project.ch, http://www.calcutta-project.ch/