Editorial

(Be-) Handeln. Eine Chance für Menschen mit HIV/Aids

Von Helena Zweifel

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«Es ist das persönliche Engagement, welches für den Erfolg ausschlaggebend war», erklärte Jeanne Gapiya Niyonzima an der aidsfocus-Tagung vom April in Bern. Selbst positiv hat Jeanne Erstaunliches geleistet. Zusammen mit Gleichgesinnten hat sie eine lokale Selbsthilfeorganisation gegründet und in dem von Bürgerkriegen und Armut zermürbten ostafrikanischen Staat Burundi ein Zentrum für Menschen mit HIV/Aids aufgebaut. Jeannes Zeugnis davon, wie Aidsbehandlungen selbst unter sehr schwierigen Bedingungen erfolgreich durchgeführt werden und Menschen dadurch eine neue Chance erhalten, hat angeregt und optimistisch gestimmt.

Die von Medicus Mundi Schweiz initiierte und unterstützte schweizerische Fachplattform HIV/Aids und internationale Zusammenarbeit, aidsfocus.ch, hat am 20. April 2004 zur Tagung «Living with HIV/AIDS, Treatment and Care for All» eingeladen, um die öffentliche Debatte rund um den Zugang aller Menschen, auch derjenigen in den Ländern des Südens und des Ostens, zu den lebensrettenden Aidsbehandlungen anzuregen.

(Be-) Handeln geht über das Verabreichen von Pillen hinaus. (Be-) Handeln heisst, Menschen mit HIV/Aids ganzheitlich zu unterstützen und zu pflegen. Die Herausforderungen sind allerdings gross. Weltweit sind 40 Millionen Menschen mit dem Aidsvirus infiziert. Von den weltweit sechs Millionen Menschen, die dringend einer HIV/Aidsbehandlung bedürfen, erhalten gerade 300 000 Zugang zu den lebensrettenden Therapien. Mangelnde Finanzen, hohe Versorgungskosten, schwache Gesundheitssysteme und ein Mangel an qualifiziertem Personal erschweren die Arbeit im Süden. Den betroffenen Ländern fehlt zudem oft die Kapazität, die nötigen Mittel in so kurzer Zeit effizient einsetzen zu können.

Die schweizerischen Hilfswerke und Organisationen wollen diese Herausforderungen annehmen, mit unterschiedlichen Ansätzen und Schwerpunkten. Bereits führen vier Hilfswerke im Rahmen ihrer Projekte antiretrovirale Behandlungen durch oder bereiten entsprechende Massnahmen vor. Im Nachklang zur Tagung vom April will aidsfocus.ch diesen Prozess mit einer Arbeitsgruppe unterstützen, in der die konkreten Fragen und Herausforderungen antiretroviraler Therapien reflektiert und diskutiert und Informationen und Erfahrungen ausgetauscht werden mit dem Ziel, vor Ort effektiv handeln zu können.

Die Mehrzahl der schweizerischen Hilfswerke und Organisationen wird aber nicht selbst Therapien durchführen, doch spielen diese Organisationen ebenfalls eine äusserst wichtige Rolle: in der wirtschaftlichen, medizinischen und psychosozialen Unterstützung und Begleitung der Frauen, Männer und Kinder, die mit HIV/Aids leben oder davon betroffen sind, bei der Stärkung des öffentlichen Gesundheitswesens, bei der Aus- und Weiterbildung von Personal, im Kampf gegen die Stigmatisierung Betroffener und in der internationalen Lobbyarbeit zur Senkung der Medikamentenpreise.

Behandlung darf, darin sind sich alle einig, nicht auf Kosten der Prävention gehen. Vielmehr bedingen und verstärken sich Prävention, Behandlung und Pflege gegenseitig, sind Stücke in einem Puzzle, welche zusammengefügt werden müssen für eine wirksame Strategie im Kampf gegen die HIV/Aidsepidemie und deren drastische Auswirkungen. Damit ist das Engagement aller gefragt.

Helena Zweifel, Co-Geschäftsführerin von Medicus Mundi Schweiz, Netzwerk Gesundheit für alle, und Koordinatorin der Fachplattform aidsfocus.ch