Gesundheitssektorpolitik in Kamerun

Das Angebot des Staates als Chance und Herausforderung für die kirchlichen Spitäler

Von Ulrike Kohlmeyer

Die Medical Institutions Manyemen ist ein von der Baseler Mission vor fast 60 Jahren gegründetes und heute von der Presbyterian Church in Cameroon (PCC) geführtes Spital in der Südwestprovinz Kameruns. Zusammen mit dem katholisch geführten St. John of God Hospital stellt es die medizinische Versorgung der ausschliesslich ländlichen Bevölkerung im Nguti Health District sicher.

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Zurzeit ist das Spital in Manyemen in vier nationale Gesundheitsprogramme eingebunden, nämlich in das Public Health Program, das Tuberkuloseprogramm, das Lepraprogramm und das HIV/Aidsprogramm. In allen Programmen werden über die Special Fund Pharmacy in der etwa 180 km entfernten Provinzhauptstadt Buea die jeweiligen Medikamente, Impfstoffe und teilweise Labormaterialien dem Spital kostenlos zur Verfügung gestellt. Das Spital gibt diese Materialien ebenfalls kostenlos an die Patienten abgibt und führt die Diagnostik und stationäre Behandlung zu im Rahmen der Programme festgelegten Preisen durch. Ausserdem enthalten einzelne Programme weitere Sachleistungen, wie etwa einen Kühlschrank zur Aufbewahrung der Impfstoffe und ein Moped zur outreach work im Public Health Program oder gelegentliche Milchpulverlieferungen zur Verteilung an Patienten im Lepraprogramm.

Im HIV/Aidsprogramm wird dem Spital vom Staat zudem durch sogenannte Community Relay Agents eine personelle Unterstützung gewährt. Sie betreuen die ambulant behandelten Patienten in ihrem häuslichen Bereich. Ausserdem wird an das Spital – theoretisch zumindest – ein monatlicher Betrag gezahlt, um die umfangreiche Statistikarbeit sicherstellen zu können. Und schliesslich werden Supervision und Weiterbildungszusammenkünfte ebenfalls durch die einzelnen nationalen Gesundheitsprogramme getragen.

Das Spital zeichnet dagegen verantwortlich für die örtliche Logistik der Programme, den Medikamenten- und Materialtransport, die Lieferung der Statistiken und die Buchführung, den Unterhalt und die laufenden Kosten für Ausrüstung (Tuberkulosestation, Kühlschrank, Moped) sowie das Personal.

Für ein kirchlich geführtes Spital wie die Medical Institutions Manyemen stellen diese nationalen Gesundheitsprogramme durchaus eine Medaille mit zwei Seiten dar.

Zwei Seiten einer Medaille

Erschwinglich und dauerhafte medizinische Versorgung: Auf der einen Seite ist unbestreitbar, dass sich zurzeit nur mit Hilfe dieser nationalen Programme eine für unsere Patienten, die meist von wenig mehr als Subsistenzwirtschaft leben, erschwingliche und dauerhafte medizinische Versorgung sicherstellen lässt. Eine Tuberkulosetherapie ausserhalb des Programms beispielsweise würde den Patienten etwa den vierfachen Preis kosten. Das wäre für sehr viele Patienten gar nicht leistbar oder würde die betroffenen Familien in einem Umfang belasten, der andere wichtige Ausgaben, wie etwa die medizinische Behandlung anderer Familienmitglieder oder auch das Schulgeld der Kinder, verunmöglichen.

Die Kontinuität des Programms ist insbesondere für unsere HIV-infizierten Patienten essentiell, da es sich bei der antiretroviralen Behandlung um eine lebenslange Therapie handelt, für welche ein zeitlich begrenztes Programm kaum hilfreich wäre.

Auf der anderen Seite sind die Programme für die Spitäler nicht kostenneutral, was für ein Spital wie Manyemen, das über 90 Prozent seiner Kosten aus den Einnahmen seiner Patienten decken muss, durchaus eine Rolle spielt.

Wie kostenintensiv ein Programm für ein Krankenhaus letztlich ist, hängt wiederum von verschiedenen Faktoren ab. Die zwei wichtigsten sind zum einen die Infrastruktur, in dem ein Spital angesiedelt ist, zum anderen, wie gut und effizient ein Programm auf nationaler beziehungsweise Provinzebene geführt wird.

Das Spital in Manyemen liegt - wie die meisten älteren kirchlichen Spitäler - in einer ländlichen Region, ohne Stromversorgung, bis vor kurzem ohne Telefonverbindung, weit abgelegen von der Provinzhauptstadt und nur durch schlechte Pisten mit ihr verbunden. Das Abliefern von Statistiken und Buchführungen sowie der Transport von Medikamenten und Materialien gestalten sich weitaus zeit- und kostenintensiver als für ein im städtischen Umfeld gelegenes Regierungsspital, zumal Fahrten gelegentlich wiederholt werden müssen, wenn nicht alle Medikamente oder Materialien in der Special Fund Pharmacy vorrätig sind.

Mehrkosten kommen auch dann auf ein Spital zu, wenn Labormaterialien über längere Zeit nicht oder in unzureichender Qualität im Special Fund erhältlich sind und anderweitig zugekauft werden müssen, um den Standard der Diagnostik aufrecht erhalten zu können.

Last but not least gelangen nicht immer alle vorgesehenen Leistungen an die Spitäler, wie die Vergütung für das Erstellen und rechtzeitige Überbringen der vergleichsweise aufwendigen Statistiken im HIV/Aidsprogramm.

Bessere Zusammenarbeit notwendig

In der Zusammenschau tragen die nationalen Gesundheitsprogramme an kirchlichen Spitälern im ländlichen Bereich, wo es keine Regierungskrankenhäuser gibt, sehr wesentlich dazu bei, die medizinische Versorgung der dortigen Bevölkerung sicherzustellen. Es bedarf aber in einzelnen Programmen noch eines besseren Verständnisses auf nationaler bzw. Provinzebene für die Arbeitsbedingungen ländlicher kirchlicher Spitäler, das möglicherweise durch eine noch engere Zusammenarbeit zwischen Kirchenleitung und den Verantwortlichen der nationalen Gesundheitsprogramme zu erreichen wäre.

*Ulrike Kohlmeyer war für mission 21 von Januar 2004 bis April 2007 in Kamerun tätig, zunächst als Ärztin und seit Dezember 2005 in leitender Funktion als Medical Officer in charge an den Medical Institutions Manyemen (Südwestprovinz). Aufgewachsen in Wietzendorf nahe Hermannsburg, von daher frühe Kontakte zur Hermannsburger Mission (heute Evangelisches Missionswerk in Niedersachsen). Studium der Humanmedizin an der Medizinischen Hochschule Hannover 1987 bis 1994, 1992 Famulatur am Bamalete Lutheran Hospital Ramotswa, Botswana. Von 1994 bis 2003 Ärztin in deutschen Kliniken mit Facharztausbildung zur Internistin. Seit ihrer Rückkehr aus Kamerun arbeitet Ulrike Kohlmeyer als Assistenzärztin in der Abteilung für Gynäkologie und Geburtshilfe am St.Josefs Hospital Cloppenburg mit dem Ziel der Facharztausbildung zur Gynäkologin. http://www.mission-21.org, u.kohlmeyer@gmx.de.