Neue Wege in der Aidsprävention

„Schööööööööööön...“

Von Karl Schuler

Im afrikanischen Swasiland informiert das Rote Kreuz mit Clowns über das Tabuthema Aids – und dringt mit seiner Botschaft durch. Erstmalig wird auch eine Aidstherapie in ländlichen Gebieten angeboten.

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Das kleine Swasiland im südlichen Afrika weist eine der weltweit höchsten Verbreitungsraten mit Aids auf: Von seinen 1.1 Millionen Einwohnern/innen sind über 40 Prozent mit dem HI-Virus angesteckt. Die Lebenserwartung ist auf 34 Jahre gesunken. Bereits wachsen 70'000 Kinder ohne Eltern auf, bis in zehn Jahren dürfte sich die Anzahl der Waisenkinder verdoppeln. Angesichts dieser Tragödie setzt das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) zusammen mit dem Roten Kreuz von Swasiland und den Gesundheitsbehörden auf eine Doppelstrategie: Die Prävention geschieht auf originelle Art mit dem Mittel des Theaters und der Mimik durch den Einsatz von Clowns. Und erstmals haben Aidspatienten auch in ruralen Zonen des Landes Zugang zur antiretroviralen Therapie und erhalten damit eine Überlebenschance.

Das Tabu brechen

Erst seit 1999 anerkennt die Monarchie Swasiland die Aidsepidemie offiziell als nationales Problem an. Durch die lange Tabuisierung dieser Krankheit konnte sich das HI-Virus ungehindert verbreiten.

„Als das Rote Kreuz 1999 begann, Aidskranke bei ihnen zu Hause zu besuchen, wurde mir verboten, das Wort Aids auszusprechen“, erinnert sich Lilly Pulver, SRK-Programmveranwortliche für Swasiland. „Seit die Möglichkeit der antiretroviralen Aidstherapie besteht, herrscht nun aber ein eigentlicher Informationshunger. Auch ist die Zahl der Aidstests massiv angestiegen.“

In der traditionellen ländlichen Gesellschaft haben vor allem Frauen wenig Rechte, wissen wenig über Sexualität und werden somit zu den ersten Opfern der Aidsepidemie. Die Aufklärung von Mädchen spielt daher in der Präventionsarbeit eine besonders wichtige Rolle. Wie aber lassen sich heikle und tabuisierte Themen öffentlich thematisieren? Neben dem Einsatz von jugendlichen „Peer“-Gruppen, die andere Jugendliche aufklären, setzt das Rote Kreuz auf eine für Swasiland neue Methode: die spielerisch-unterhaltende Art der Aufklärung durch die Mimik und das Schauspiel von Clowns.

15 junge Clowns ausgebildet

Im Städtchen Piggs Peak im Norden des Landes startete das Pilotprogramm des Roten Kreuzes mit dem Aufbau eines Jugendzentrums und der Ausbildung von Rotkreuzfreiwilligen zu Clowns. In den letzten zwei Jahren konnten 15 einheimische Jugendliche zu Clowns ausgebildet werden, darunter auch drei Clowninnen. Diese führen heute selbstbewusst eigene Sketchs auf, in denen sie von der Gefährlichkeit des HI-Virus über die Bedeutung des Kondoms bis zur Frage, warum ein Mann mehrere Frauen heiratet, so ziemlich all das aussprechen, was früher Tabu war.

Catherine Cottier, die in der Schweiz eine Clownschule unterhält und im Auftrag des SRK in Swasiland junge Clowninnen und Clowns ausbildete, ist beeindruckt von dieser Erfahrung. Denn die jungen Leute zeigten sich begeistert von der Idee. „Wir merkten bald, dass es auch hier funktioniert: Die Verkleidung als Clown schafft Vertrauen und beseitigt die Distanz.“ Sowohl Kinder wie Erwachsene vertrauen der Figur und sprechen das bisher Unaussprechliche aus. In den Schulen und auf öffentlichen Plätzen kommt es zum Dialog über die heiklen Themen der Sexualität. Besonders Mädchen getrauen sich nun auch, über ihre Erfahrungen von Vergewaltigung und Missbrauch zu berichten. Bis heute konnten in der nördlichen Region des Landes 40 Schulen aller Stufen besucht werden, wobei sich die inhaltliche Botschaft der Altersstufe anpasst. Das Risikoverhalten ist bei jenen Jugendlichen am höchsten, die nach dem Schulabgang keine Arbeit finden. Deshalb besuchen die Clowns vermehrt öffentliche Plätze und Bushaltestellen, wo sich jugendliche Arbeitslose aufhalten.

Nach den ersten Erfolgen im nördlichen Piggs Peak wird die Präventionsarbeit der Clowns mit Jugendlichen nun auch auf andere Regionen des Landes ausgedehnt.

*Karl Schuler ist Informationsbeauftragter Internationale Zusammenarbeit beim Schweizerischen Roten Kreuz. Kontakt: Karl.Schuler@redcross.ch, www.redcross.ch. Das Rote Kreuz von Swasiland ist heute der wichtigste Partner der Gesundheitsbehörden in der Bekämpfung der Aidsepidemie. Das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) unterstützt das Aidsprogramm des lokalen Roten Kreuzes seit 1998 in den Bereichen Heimpflege für Aidskranke, Prävention auf breiter Ebene und medizinische Betreuung mit der antiretroviralen Therapie, die bereits 13'000 Patientinnen und Patienten in ländlichen Regionen erfasst.