Positive Mutterschaft in Swasiland

Die Geschichte von Densile

Von Maria Katulu

Die 26jährige Swasiländerin Densile ist HIV-positiv. Ihr Neugeborenes kam dank der Prophylaxe in der Rotkreuzklinik in Sigombeni gesund zur Welt. Chronologie einer Ermutigung.

Lesezeit 4 min.

Januar 2006. Wir begegnen Densile zum ersten Mal, als sie zur Schwangerschaftskontrolle in die Rotkreuzklinik nach Sigombeni kommt. Sie ist zu diesem Zeitpunkt 25 Jahre alt und im vierten Monat schwanger. Sie ist bereits Mutter eines sechsjährigen Mädchens und eines dreijährigen Jungen.

Densile erzählt, ihr Mann sei sehr sehr krank, und sie pflege ihn. Sie vermute, er habe Aids, doch wolle er sich trotz schwerster Erkrankung keinem HIV Test unterziehen.

Während dieser ersten Schwangerschaftskontrolle wird Densile von unserer Hebamme, die eine Spezialausbildung in PMTCT hat, intensiv beraten. Mit den üblichen Untersuchungen wurde auch Blut für einen HIV-Test abgenommen.

Viele Frauen wollen das Resultat eines HIV-Test erst in der nächsten Kontrolle erfahren; Densile will es aber gleich wissen. Eine Viertelstunde nach der Blutentnahme muss ihr die Hebamme die schwierige Nachricht übermitteln: Densile ist HIV-positiv.

Die Hebamme nimmt sich viel Zeit, mit ihr die schwierige Situation zu reflektieren. Densile fürchtet sich vor der Zukunft: Würde ihr kranker Mann überleben? Würde ihr Kind gesund sein? Würde sie selbst nun auch krank werden? Am Ende des Gesprächs ist für Densile klar, dass sie ihren Mann überzeugen muss, zur Klinik zu kommen. Die Hebamme und sie vereinbaren, dass unser Pfleger, der auch eine Ausbildung in HIV-Beratung hat, mit ihrem Mann über das Thema Aids sprechen und ihn zu einem HIV-Test bewegen würde.

Februar 2006. Densile Ehemann wird in unsere Klinik gebracht - er hat Aids im letzten Stadium. Zwei Woche später stirbt er. Densile verbringt einen Trauermonat, wie es in der Tradition der Swazi üblich ist, von der Umwelt isoliert bei sich zu Hause. Sie ist eine stille Frau mit einer elementaren Schulbildung, doch kann sie sich gut ausdrücken.

Nach dem Tod ihres Manns muss sie nun allein für ihre sechsjährige Tochter und ihren dreijährigen Sohn sorgen. Nur gelegentlich bekommt sie etwas von ihren Eltern oder von ihrer Schwiegermutter, die ebenfalls arm sind. Umso wichtiger ist das Lebensmittelpaket, das sie nun regelmässig vom Roten Kreuz erhält.

Densile fühlt sich müde, sie hat viel Kraft gebraucht, um ihren Mann zu pflegen. Sie ist tapfer - als afrikanische Frau hat sie gar keine andere Wahl. Zudem teilt sie dieses Schicksal mit unendlich vielen anderen Frauen. Der Tod ist hier in jeder Familie präsent, das ist die Realität des Lebens im südlichen Afrika.

April 2006. Als Densile zur nächsten Schwangerschaftskontrolle kommt, erfährt sie, dass die Menge ihrer CD-4 Zellen noch über 300/mm3 beträgt.

Anmerkung: Zu diesem Zeitpunkt begannen wir mit der antiretroviralen Therapie auch bei schwangeren Frauen erst, wenn die Menge der CD-4 Zellen bei 200/mm3 oder darunter lag. Laut neuen Richtlinien beginnen wir die Therapie bei schwangern Frauen bereits bei einem CD 4 count von unter 350, falls die Schwangerschaft über das erste Schwangerschaftsdrittel hinaus ist.

In der 32. Schwangerschaftswoche erhält Densile eine Präventionsdosis Nevirapin mit der Instruktion, diese einzunehmen, wenn die Wehen beginnen. Die Hebamme legt ihr nahe, wenn immer möglich zur Geburt rechtzeitig ins Spital zu gehen, und erklärt ihr die Wichtigkeit der Präventionsdosis für das Neugeborene in den ersten 72 Stunden seines Lebens.

Juni 2006. Eines Morgens steht Densile in Begleitung ihrer Schwester mit ihrem neugeborenen Mädchen in der Klinik. Sie hat in der Nacht zuvor zu Hause geboren und bringt nun das Neugeborene, damit es rechtzeitig die HIV-Prävention erhält.

Densile und das Baby bekommen Cotrimoxazol zum Schutz vor Infektionen. Densile wird instruiert, dass sie während sechs Monaten voll stillen soll und danach abstillen und dem Kind feste Nahrung geben muss. Die Richtlinien des Landes zur Prävention der Mutter-Kind-Übertragung des HI-Virus (PMTCT) schreiben dies gestützt auf Studien in ruralen Gebieten Afrikas vor.

Juli 2006. Densile kommt einen Monat nach der Geburt wieder zur Kontrolle, sie fühlt sich schwach, sie ist nach der WHO-Norm im dritten Stadium von HIV/Aids. Ihr CD 4 count beträgt nur noch 119. Unsere Pflegenden bereiten sie intensiv auf die exakte und lebenslängliche Einnahme der ARV-Medikamente vor. Ihre Schwester, die selbst bereits seit einiger Zeit mit der Therapie begonnen hat, begleitet sie zu den Beratungsgesprächen zur Vorbereitung des Therapiebeginns.

Densile kann nun mit der antiretroviralen Therapie beginnen. Eine unserer Assistenten besucht sie zu Hause und unterstützt sie in der korrekten Einnahme der Medikamente. Pünktlich nach zwei Wochen kommt die junge Mutter wieder zur Kontrolle. Sie hat die Einnahme der Medikamente gut verstanden und spürt glücklicherweise keine Nebenwirkungen.

Densile ist sehr zuverlässig, sie kommt immer pünktlich zu den vereinbarten Terminen und nimmt jeden Morgen und jeden Abend ihre Tabletten ein.

Oktober 2006. Drei Monate nach Beginn der Therapie erkrankt Densile und hat Durchfall und Bauchschmerzen. Nach einigen Tagen hat sie sich erholt.

April 2007. Nachdem Densile positiv auf unsere Anfrage reagiert hatte, einen Film mit ihr zu drehen, besuchen wir sie zu Hause, und auch während den Dreharbeiten verbringen wir einige Zeit mit ihr. Densile wohnt auf dem Grundstück ihrer Schwiegereltern in einem der in den Hügeln rund um Sigombeni verstreuten Homesteads. Vor dem Haus mit nur einem Zimmer und einer Küche wächst Mais, welcher dieses Jahr ziemlich vertrocknet ist, da der Regen erst sehr spät einsetzte. Einige Kürbisse und etwas Gemüse sehen gesünder aus.

Später am Tag führt uns Densiles Schwiegermutter zu ihrem Sohn, dem einzigen, der noch lebt, und den sie momentan pflegt. Er liegt schwer krank im Bett und mag nicht sprechen. Er hat Aids und erst kürzlich mit der Therapie unserer Klinik begonnen.

Anmerkung: Ich habe mich sehr gefreut, als ich ihn vorgestern - drei Wochen nach diesem Besuch - in der Klinik antraf und es ihm sichtlich sehr viel besser ging; er hat gut und schnell auf die Therapie angesprochen.

Mai 2007. Densile geht täglich auf eine Plantage Tomaten pflücken. Zu Hause füllt sie diese zusammen mit ihren Kindern in kleine Plastiksäcklein ab und geht dann von Haus zu Haus, um diese zu verkaufen.

Densile weiss, dass sie einen langen und harten Weg vor sich hat.

Die 6-jährige Tochter Jabulile ist höchst wahrscheinlich mit dem Aids-Virus angesteckt. Sie sieht kränklich aus und hat überhaupt nicht auf die Therapie gegen Ringwürmer auf ihrem Kopf angesprochen. Es wird die Aufgabe unserer Mitarbeiter in Sigombeni sein, die Mutter beim nächsten Klinikbesuch sorgfältig darauf vorzubereiten, dass das Mädchen getestet werden muss. Wir haben sehr gute Erfahrungen mit Kindern in diesem Alter, sie sprechen meist gut auf die Therapie an. Gerade am Vortag habe ich Wuisile angetroffen, sie war unser erstes Kind welches vor zwei Jahren mit der Therapie begonnen hat. Die jetzt Zehnjährige ist voller Energie.

* Die Schweizerin Maria Katulu ist Hebamme und leitet das Programm des Schweizerischen Roten Kreuzes in Swasiland. Kontakt: info@redcross.ch. www.redcross.ch