Primary Health Care (PHC) muss endlich finanziert und umgesetzt werden
Junior Ikomo, Arzt im Ebola-Behandlungszentrum, während einer morgendlichen Besprechung in Beni, Region Nord-Kivu, Demokratische Republik Kongo, 2019. Foto: World Bank / Vincent Tremeau/flickr, CC BY-NC-ND 2.0

Eine angemessene und ausreichende Finanzierung war bislang ein unüberwindliches Hindernis für den Zugang zu Gesundheitsleistungen in den Ländern mit eingeschränkten finanziellen Ressourcen. Ein internationales Konsortium hat sich daher mit der Frage beschäftigt, ob begrenzte Investitionen in klar definierte und wissenschaftlich belegte Maßnahmen, eine katalytische Funktion haben könnten, um die Gesundheitsversorgung eines Großteils der Menschheit und die Vorbereitung auf zukünftige Pandemien zu verbessern. Im Fokus stand der Ansatz der Basisgesundheitsversorgung, auf Englisch "Primary Health Care (PHC)".

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass es möglich ist, groß-angelegte Veränderungen mit einem planbaren Investitionsvolumen zu erreichen. Mit einer Investition in Höhe von jährlich 1,9 bis 3,8 Milliarden US-Dollar kann primäre Gesundheitsversorgung auf ein nie dagewesenes Niveau angehoben werden. Der Schlüssel ist die Priorisierung einer begrenzten Anzahl evidenzbasierter, wirkungsvoller Interventionen, um internationale Gebermittel sowie die Eigenfinanzierung über die Haushalte der Länder fokussiert und effizient einzusetzen.

Die Vorgehensweise: Maßnahmen und Investitionen priorisieren

Die Förderung von PHC ist kein neuer Ansatz. Im Gegenteil, seine zentrale Rolle wurde bereits 1978 auf der Konferenz von Alma Ata international zum Ausdruck gebracht und 2018 noch einmal von den Mitgliedsländern der Vereinten Nationen bestätigt. Allerdings kamen bisherige Studien und Ansätze zu dem Ergebnis, dass Investitionen von mehreren 100 Milliarden US-Dollar jährlich notwendig wären, um alle wünschenswerten Maßnahmen durchführen zu können, was eine konsequente Umsetzung unmöglich machte.

Der Schlüssel ist die Priorisierung einer begrenzten Anzahl evidenzbasierter, wirkungsvoller Interventionen, um internationale Gebermittel sowie die Eigenfinanzierung über die Haushalte der Länder fokussiert und effizient einzusetzen.

Das Ergebnis: drei prioritäre Investitionsbereiche

Das Ergebnis der Studie ist ermutigend. Das internationale Team analysierte eine breite Palette von Interventionen mit Hilfe von Meta-Analysen bestehender Publikationen und Interviews auf ihre mit Daten und Erfahrung belegte Wirksamkeit.

Die zentralen Kriterien waren dabei:

  • die, Fähigkeit, einen breiteren Zugang zu Gesundheitsleistungen zu ermöglichen;
  • die Fähigkeit, Gesundheitsdienstleistungen in ihrer Qualität zu verbessern;
  • die Wirkung der Interventionen auf das breitere Gesundheitssystem;
  • die Möglichkeit, mit begrenzter internationaler Finanzierung einen katalytischen Effekt zu erzielen.
Seit Ebola hat Wislyne begonnen, die neue Plattform zu nutzen und fühlt sich nun besser vernetzt und informiert. Sie sagt: "Wenn dieses Programm einfach aufhören würde, ohne dass es richtig implementiert wurde, würde das unsere Arbeit zurückwerfen. Meine Arbeitsbelastung würde zunehmen und die Behandlung der Patienten würde sich verzögern." Foto von Sarah Grile/USAID U.S. Agency for International Development/flickr, CC BY-NC 2.0<br>
Seit Ebola hat Wislyne begonnen, die neue Plattform zu nutzen und fühlt sich nun besser vernetzt und informiert. Sie sagt: "Wenn dieses Programm einfach aufhören würde, ohne dass es richtig implementiert wurde, würde das unsere Arbeit zurückwerfen. Meine Arbeitsbelastung würde zunehmen und die Behandlung der Patienten würde sich verzögern." Foto von Sarah Grile/USAID U.S. Agency for International Development/flickr, CC BY-NC 2.0


Aus dieser Analyse ergibt sich die Empfehlung einer Fokussierung auf drei elementare Investitionsbereiche:

  1. Etablierung eines neuen PHC Modells durch Einsatz multidisziplinärer Teams in der basisnahen Grundversorgung (Community Health), verbunden mit allen Ebenen des Gesundheitssystems durch digitale Anwendungen.
  2. Erweiterung der präventiven und therapeutischen Möglichkeiten in der Basisgesundheitsversorgung (Stärkung der Kapazität von Community Health Workers) durch Einsatz neuer digitaler Methoden.
  3. Befähigung von Gemeinden und Einzelpersonen, sich an Gesundheitsentscheidungen zu beteiligen.

In jedem dieser Bereiche bieten digitale Technologien vielversprechende Möglichkeiten, traditionelle Beschränkungen zu überwinden und den Zugang zu hochwertigen Gesundheitsdiensten zu ermöglichen.

Die im Konzept für einen PHC-Investitionsplan vorgeschlagenen Investitionen stellen eine Größenordnung dar, die eine erfolgreiche Umsetzung möglich erscheinen lässt. Was jetzt benötigt wird, ist die politische Weichenstellung, diesen Weg zu beschreiten.

Empfehlungen zur Umsetzung

Die Empfehlung des Konsortiums ist es, einen umfassenden Prozess für die Erstellung von dezidierten PHC Investitionsplänen einzuleiten. Diese Investitionspläne sollten die unterschiedlichen Finanzierungwege – nationale Budgets, globale Finanzierungsinstrumente, bilaterale Investitionen – berücksichtigen. Dieser Prozess sollte eine Reihe von Partnern zusammenbringen, allen voran Länder mit niedrigem und mittlerem Einkommen, Geberländer, globale Finanzierungsinstrumente, die Weltgesundheitsorganisation (WHO) und andere UN-Organisationen sowie die Zivilgesellschaft.

Zwei Jahrzehnte enormer Fortschritte in der globalen Gesundheit sind heute akut bedroht. Durch die hohe, vielschichtige Belastung der COVID-19 Pandemie droht in vielen Ländern ein Rückfall auf ein deutlich niedrigeres Versorgungsniveau. Die im Konzept für einen PHC-Investitionsplan vorgeschlagenen Investitionen stellen eine Größenordnung dar, die eine erfolgreiche Umsetzung möglich erscheinen lässt. Was jetzt benötigt wird, ist die politische Weichenstellung, diesen Weg zu beschreiten.

Christoph Benn im Namen des Konsortiums aus Joep Lange Institute, SEEK Development und Duke University.


Referenz
Christoph Benn
Dr. med. Christoph Benn, MPH, DTM&H, ist Arzt mit Spezialisierung in Tropenmedizin und Public Health und verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der globalen Gesundheitsversorgung. Er war 2002 als einer der ersten Vorstandsmitglieder an der Gründung des Globalen Fonds zur Bekämpfung von Aids, Tuberkulose und Malaria beteiligt und war von 2003-2018 der Director of External Relations dieser Organisation in Genf.

Seit 2019 ist Christoph Benn der Director for Global Health Diplomacy des Joep Lange Instituts mit Sitz in Amsterdam und Genf. Der Fokus des Instituts liegt auf der Umsetzung des UN-Plans, bis zum Jahr 2030 allen Menschen auf der Welt Zugang zu qualitativ hochwertigen Gesundheitsdiensten zu ermöglichen. Dazu entwickelt und fördert das Institut mit anderen internationalen Partnern neue, innovative Ansätze bei der Finanzierung und Durchführung von Gesundheitsprogrammen mit Schwerpunkt in Afrika und Asien und der Nutzung neuer digitaler Technologien.

Christoph Benn absolvierte ein Studium der Humanmedizin in Kiel und Göttingen und erwarb ein Diploma in Tropical Medicine&Hygiene (University of Liverpool) sowie einen Master of Public Health (Johns Hopkins University, Baltimor. Email