Editorial

Von Martin Leschhorn Strebel

Lesezeit 1 min.

„Wohlstandskrankheiten ohne Wohlstand“ so überschriebne wir die Medienmitteilung, die wir im Nachgang zum Symposium am 10. November 2009 verschickten. Damit spielten wir darauf an, dass Diabetes, Herz-Kreislauf-Krankheiten oder Krebs bei uns gerne als negative Folge des Wohlstands angesehen werden.

Doch eben: Die nicht-übertragbaren, chronischen Krankheiten treten in erschreckendem Masse auch in Entwicklungs- und Schwellenländern bei armen Menschen auf, so dass von einer neuen Epidemie gesprochen werden muss. Bereits sterben in den Entwicklungsländern mehr Menschen an den nicht-übertragbaren, chronischen Krankheiten als an Infektionskrankheiten wie Malaria, Diabetes oder Tuberkulose. In Afrika rechnet die WHO bis ins Jahr 2030 mit einer Steigerung der Todesfälle um 27%, falls nichts unternommen wird.

Hinter dieser Epidemie stehen unter anderem durch die Verstädterung und Globalisierung veränderte Konsummuster. Die Handelsliberalisierung bringt verarbeitete Lebensmittel und gesüsste Getränke in die Entwicklungs- und Schwellenländern. In Mexiko stieg seit dem Inkrafttreten des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens die Zahl der Übergewichtigen von 33% auf 62,5%. In den Städten Kameruns leiden bereits 6% der Menschen unter Diabetes.

Die internationale Gesundheitspolitik hat das Problem verschlafen. Im Jahr 2007 flossen von den insgesamt 22,1 Milliarden US-$, die weltweit von staatlichen Programmen der Entwicklungszusammenarbeit in die Gesundheit investiert wurden, nur 13 Millionen US-$ in die Bekämpfung chronischer Krankheiten. Es rächt sich, dass die nicht-übertragbaren Krankheiten bei der Lancierung der Millennium Development Goals vergessen gingen.

Mit dem Thema „Chronische Krankheiten in Entwicklungs- und Schwellenländern“ konnten wir im vergangenen Jahr in der internationalen Gesundheit tätige Kreise hier in der Schweiz auf das Problem aufmerksam machen und die erschienenen Medienberichte zeigten, dass das Problem auch in breiteren Kreisen wahrgenommen wird. Mit dem nun vorliegenden Bulletin vertiefen wir das Thema und ziehen eine vorläufige Bilanz. Ich bin überzeugt, dass damit nicht ein Schlussstrich gezogen wird, sondern die Thematik uns in den kommenden Jahren noch weiter beschäftigen wird und weiter beschäftigen muss.

Martin Leschhorn Strebel ist Mitglied der Geschäftsleitung des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz. Kontakt: mleschhorn@medicusmundi.ch