Rechenschaftspflicht und ethische Verhaltensstandards („Best Practice“) im Nonprofitsektor

Derselbe Massstab für alle?

Von Lucy Koechlin

Nonprofitorganisationen haben seit den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts eine hohe gesellschaftspolitische Relevanz erhalten. Sie sind zu einem Macht- und Wirtschaftsfaktor geworden. Als solche stehen sie aber auch unter zunehmendem öffentlichen Druck, transparent zu arbeiten

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Wir stehen heute vor dem Phänomen, dass der Nonprofitsektor, welcher lange Zeit ein karitatives Aschenputteldasein gefristet hat, zu einem dynamischen, starken Spieler in der heutigen Welt geworden ist. Es ist ein Phänomen, das sich in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft beobachten lässt, und zwar in fast allen Ländern dieser Welt. Die Interaktionen, Schnittstellen und Partnerschaften zwischen dem Nonprofitsektor und anderen Sektoren sind so zahlreich und intensiv wie noch nie zuvor.

Organisationen im Nonprofitsektor haben zunehmend die Mittel und die Stimme, nachhaltigen Einfluss auf verschiedenste Bereiche auszuüben. Politisch wird dies immer wieder sehr eindrücklich im Falle von Themen wie der Umwelt oder den Menschenrechten illustriert, bei welchen nationale und internationale Nichtregierungsorganisationen die Agenda der letzten Jahrzehnte massgeblich mitbestimmt haben. Aber Nonprofitorganisationen (NPO) sind nicht nur eine politische, sondern auch eine wirtschaftliche Macht geworden: Man schätzt, dass der Nonprofitsektor weltweit der am schnellsten wachsende Arbeitsmarkt ist, sei es in den USA oder in Uganda. Hier sind es vor allem NPO als Dienstleistungsanbieter, die nicht mehr wegzudenken sind.

Es gibt verschiedene übergeordnete Gründe, weshalb diese quantitative und qualitative Veränderung des Nonprofitsektor zu verzeichnen sind, nicht zuletzt die zunehmende Globalisierung von Wirtschaftsstrukturen, die stetige Transformation staatlicher Funktionen, und die Bedeutung neuer Entwicklungsparadigmen. Darüber hinaus gibt es aber bestimmte inhärente Qualitäten, welche den Organisationen im Nonprofitsektor zugeschrieben werden, und die sie als besonders geeignet für Dienstleistungsaktivitäten und die Stärkung demokratischer Gesellschaften erscheinen lassen. Dazu gehört, dass sie aufgrund ihrer nichtprofit-orientierter Motivation als sehr bürgernah erscheinen, ein grosses Vertrauen geniessen, und durch diese Nähe auch den Bedürfnissen der Bürgerinnen und Bürgern in ihrer Arbeit entsprechen. Nicht zuletzt, das soll hier auch nicht verschwiegen werden, werden NPO aber auch wegen ihrer Kosteneffizienz geschätzt; mit geringen Mitteln erzielen sie oft eine grosse Wirksamkeit. Sowohl ihre Leistungsfähigkeit wie auch ihre Kostenstruktur haben dazu geführt, dass mittlerweile NPO in gewissen Sektoren den Staat substantiell ergänzen, wenn nicht gar ersetzen; sei es im Mandatsverhältnis, oder sei es als Substitution fehlender oder nicht-funktionierender staatlicher Leistungen.

Probleme des phänomenalen Wachstums

So begrüssenswert diese absolute Bedeutungszunahme von NPO ist, so weist es doch auch eine Kehrseite auf. Die anschwellenden Mittel und der fühlbare Einfluss von NPO führen dazu, dass diese selbst immer stärker im Rampenlicht stehen. Immer öfter werden die NPO von der Öffentlichkeit und anderen Akteuren (zum Beispiel dem Staat) in die Pflicht genommen; ihr solidarischer und wertebezogene Organisationszweck reicht nicht mehr als alleiniger Legitimationsgrund aus, sondern ihre Entscheide und Handlungen werden vermehrt kritischen Fragen aus Gesellschaft und Politik unterzogen.

Die Gründe sind oben kurz angesprochen worden. Im Zentrum steht, dass die Handlungen von NPO eine viel grössere Reichweite erlangt haben. Es gibt NPO, die mittlerweile Budgets verwalten, welche dasjenige von vielen Unternehmen und teilweise gar von ganzen Staaten überschreiten (denkt man zum Beispiel an Stiftungen wie die Bill und Melinda Gates Foundation). Gerade NPO in Entwicklungsländern haben des Weiteren dank ihres internationalen Netzwerkes und der Unterstützung durch einflussreiche Geldgeber oft ein enorm hohes Gewicht bei der Ausgestaltung von Politikentscheide und Mittelallokation. Gleichzeitig kann beobachtet werden, dass die Organisationsstruktur der NPO nicht immer mit ihrer rapiden qualitativen und quantitativen Veränderung Schritt gehalten hat. So sind beispielsweise persönliche, informelle, auf Vertrauen und direkte Kommunikation abgestützte Strukturen nicht unbedingt geeignet, um die wachsende Komplexität ihrer internen und externen Umgebung zu bewältigen.

Ich wurde deshalb angefragt, hier in diesem Rahmen ein „kleines Einmaleins“ von NPO-Governance vorzustellen. Dies mache ich natürlich ausserordentlich gerne, auch wenn dies ein Thema für eine ganze Tagung wäre. Im Folgenden sollen also einige Grundprinzipien von ‚guter Organisationsführung’, von Transparenz und Rechenschaftsprozessen vorgestellt, und, falls die Zeit noch reicht, auch ihre Umsetzung in operationelle Prinzipien diskutiert werden.

Governance und Nonprofitorganisationen

Im Wissen um die grobe Vereinfachung, welcher der Vielfalt und Unterschiedlichkeit von NPO in keiner Weise gerecht wird, möchte ich dennoch eine These in den Raum stellen: trotz der grossen Verantwortung und der Schlüsselfunktionen, die NPO in vielen Gemeinden, Sektoren bis hin zu Staaten wahrnehmen, haben sie noch keine ausgeprägte Governance-Kultur entwickelt, welche dieser Rolle entsprechen würde. Aufgrund der oben aufgeführten Transformationen, und sicher auch aufgrund einer spezifischen, horizontalen Organisationskultur, weisen viele NPO grosse Schwächen bezüglich kohärenter und konsistenter Managementstrukturen und wirksamen Qualitätssicherungssystemen auf. Gerade bei Organisationen, welche in der Entwicklungszusammenarbeit (EZA) tätig sind, ist dies besonders problematisch, da sie per definitionem in einem Umfeld tätig sind, wo staatliche Institutionen schwach oder dysfunktional sind, und auch die Bürger und Bürgerinnen (die ‚Begünstigten’ oder Betroffenen der Organisation) des Landes nicht in der Lage sind, sich effektiv Stimme zu verschaffen.

Die Hauptkritik, welche an den Nonprofitsektor gerichtet wird, betrifft die fehlende Transparenz ihrer Leistungen, ihrer Finanzierung und ihrer Entscheidungen. Diese Schwächen können sich schon bei fundamentalen Prozessen zeigen, wie zum Beispiel der internen oder gar externen Kontrolle, soweit diese nicht gesetzlich oder von Geldgebern vorgeschrieben ist. Bildlich sind in diesem Zusammenhang die sogenannten „Aktenkoffer-NGO“ in Ländern des Südens, die eigentlich nur aus einer Person, einem Aktenkoffer, einer Emailadresse und vor allem einem Bankkonto bestehen, das sich mit Geldern für Phantomprojekte füllt. Dies sind extreme Fälle, welche dennoch schmutzige Spuren auf dem Image und Glaubwürdigkeit eines ganzen Sektors hinterlassen. Sie sind aber auch indikativ dafür, dass die Kontrolle über die Leistungserfüllung von NPO, gerade in der EZA, teilweise noch sehr dürftig ist.

Ein weiteres Problem sind Interessenskonflikte, die zu intransparenten und nicht immer integren Entscheiden führen. Die Interessenskonflikte können intern angelegt sein, indem das Verhältnis zwischen operativen, strategischen Funktionen und/oder Kontrollfunktionen nicht geklärt ist. Sie können aber auch extern sein, indem kommerzielle, finanzielle oder politische Interessensverflechtungen die Unabhängigkeit der NPO kompromittieren. Dies ist zum Beispiel eine grosse Frage bei NGOs, welcher der Regierung sehr nahe stehen, bei welchen die Abhängigkeit von einzelnen Auftraggebern (meist grosse Geldgeber oder staatliche Institutionen) sehr gross wird oder bei welchen keine Regelung besteht, ob und unter welchen Bedingungen leitende Mitarbeiter‚ ad personam entgoltene Mandate wahrnehmen dürfen, welche die Autonomie und Unabhängigkeit der Organisation gefährden.

Rechenschaftspflichten

Nun, bevor wir zu einer Aufzählung von möglichen operationellen Reformen ansetzen, lohnt es sich zu überlegen, wem gegenüber NGO überhaupt rechenschaftspflichtig sind. In dieser Frage ist nämlich schon ein grosses Problem angelegt: Rechenschaftsstrukturen passen sich tendenziell Machtstrukturen an, die wiederum demokratischen Grundsätzen wie Gleichbehandlung und Transparenz entgegenlaufen. Dies kann am Beispiel der Privatwirtschaft illustriert werden: Es toben immer wieder politische Debatten darüber, in welchem Ausmass Unternehmen nicht bloss ihren Eigentümern verpflichtet sind, also den Aktionären, sondern auch weiteren, von ihren Handlungen betroffenen Gruppen und Personen („shareholder“ versus „stakeholder“ - Debatte). In der EZA hingegen wird oft der Vorwurf laut, dass NGOs in erster Linie ihren Geldgebern gegenüber Rechenschaft ablegen (müssen), und immer weniger auf die Stimme der Bevölkerung hören (können).

Treten wir einen Schritt zurück und schauen wir, wem gegenüber NPO potentiell Red und Antwort stehen müssen; wer ist von den Tätigkeiten und Entscheidungen der NPO betroffen? Denn erst wenn man die verschiedenen Gruppen und ihre Verbindung mit der Organisation kennt, können auch adäquate Prozesse entwickelt werden, welche der Transparenz und Integrität förderlich sind.

Interne Stakeholders einer NPO sind Individuen oder Gruppen, die eine formalisierten Teil der Organisation sind (etwa Angestellte, Mitglieder, Organe, Sektionen). Externe Stakeholders sind Individuen oder Gruppen, die von den Entscheidungen und Handlungen der Organisation betroffen sind (zum Beispiel Geldgeber, Begünstigte, Partner, staatliche Institutionen, weitere betroffene Gruppen oder Personen).

Für NPO ist die Einsicht, dass sie in einem sozialen System eingebettet sind, und nicht bloss als freischwebende Atome agieren, sicher naheliegender als für Privatunternehmen. Dennoch sind auch NPO gefordert, sich zu überlegen, welche Interdependenzen bestehen, und wie die Organisation im Einklang mit ihren Werten operationell diesen Zusammenhängen gerecht werden kann. Sie sehen in untenstehender Tabelle ein ganzes Sammelsurium von Möglichkeiten, eigenen ethischen Anforderungen wie auch den Informations- und Rechenschaftspflichten der Umwelt gerecht zu werden. Wichtig ist hier anzumerken, dass die meisten dieser Initiativen und Prozesse auf Freiwilligkeit basieren (obwohl es natürlich auch gewisse staatliche Richtlinien und branchenübliche Standards gibt), und eine enorme Vielfalt in ihrer konkreten Ausgestaltung besteht. Hintergrund dazu ist natürlich die steigende verbindliche Regulierungsdichte, wie sie insbesondere in den USA zu verzeichnen ist; weitere Motive lehnen sich aber dem Wunsch und die Einsicht von NPO an, Integrität, Transparenz und Exzellenz nicht nur zu proklamieren, sondern auch im operationellen Alltag zu demonstrieren und damit ihre Glaubwürdigkeit zu erhöhen.

Accountability Mechanisms

Definitions

Example

Elections Election of board members by NGO members World Development Movement (WDM), Friends of the Earth (FOE)
Board Appointments Appointment of independent board members from key stakeholder groups World Wide Fund for Nature (WWF)
Monitoring and Evalution Assessing performance against a set of pre-defined goals for the funded activity A requirement of most bilateral aid agency funded projects (OECD-DAC)
Standards and Codes of Conduct Documented statements of how an organization and its staff should operate, adopted by one or a collection of organizations Human Accountability Project (HAP-I), People In Aid
Certifications Auditing organizations against, and endorsing them as in conformity with, specific standards or codes Société Générale de Surveillance (SGS) NGO Certification
Philippine Council for NGO Certification
Ratings Assessing organizations against a standard or code, and rating their performance, whether requested or not Global Accountability Project (GAP), Charity Navigator
Reporting Publishing of performance, sometimes against using a specific standard, to a specific organization or the public Financial reports are required in most countries, and most large NGOs publish annual reports on progress, for donors or members
Dialogue and Participation Involvement of affected persons in decision making on, or implementation of, specific projects ActionAid
Tabelle 1. Typen freiwilliger Rechenschaftsmechanismen von NGOs Quelle: Bendell (2006), S. 52

 

Einige dieser Mechanismen entspringen dem solidarischen Wesen und dem Kooperations-und Konsensualgedanken von NPO, etwa die direkte Wahl des Vorstandes oder die Institutionalisierung von Dialog und Partizipation bei der Entscheidungsfindung. Andere erinnern viel eher an klassische Managementinstrumente, und es wird aus dieser Warte auch viel Druck auf NPOs ausgeübt, ihre Strukturen zu professionalisieren und, im Prinzip analog zu der Privatwirtschaft, eine Art Corporate Governance zu befolgen. Überhaupt scheint in diesem Zusammenhang „Corporate Governance“ das grosse Zauberwort zu sein, dessen Geist auch die Frage um zunehmende Transparenz im Nonprofitsektor durchdringt – auch wenn, dies sei schon vorweggenommen, aufgrund der unterschiedlichen Funktionslogik und Organisationskultur von NPO dies nicht immer unproblematisch ist.

Im Sinne des Einmaleins aber dennoch hier eine kurze Rückbesinnung auf die Grundprinzipien von Corporate Governance. Ursprünglich, wie gesagt, auf die angemessene Wahrung der Aktionärsinteressen angelegt, umfasst Corporate Governance im heutigen Verständnis die Gesamtheit aller internationaler und nationaler Werte und Grundsätze für eine verantwortungsvolle Unternehmens- oder Organisationsführung. Kennzeichen einer guten Corporate Governance sind unter anderem die Wahrung der Interessen aller Stakeholders, eine klare und zielgerichtete Zusammenarbeit und Rollenverteilung von Unternehmungsleitung und ihres Aufsichtsorganes, eine transparente Kommunikation, ein angemessener Umgang mit Risiken und letztlich Managemententscheide, die auf langfristige Wertschöpfung ausgerichtet sind.

Die Herausforderungen für NPO sind, je nach Typ, Tätigkeit und Grösse, teilweise anders gelagert als diejenigen von Privatunternehmen. Dennoch sind viele der Veränderungen, die sich im Nonprofitsektor stellen, durchaus mit angepassten Managementstrukturen, mit bewährten Best Practices und anderen, den eigenen Werten und Mission entsprechenden, aber auf jeden Fall klar kommunizierten Standards effektiv zu bewältigen. Mittlerweile gibt es auch einige eindrückliche Beispiele von NPO-spezifischen Initiativen, welcher der erhöhten Transparenz, Rechenschaftspflicht und Integrität einer Organisation dienen. Es kristallisieren sich bestimmte Prinzipien heraus, welche zum Massstab für Organisationen in einem bestimmten Tätigkeitsfeld werden. Auch wenn diese Prinzipien nicht immer bis in den letzten Buchstaben umgesetzt werden (können), so dienen sie doch als ethischer Referenzrahmen. Wichtig hierbei ist, dass „Best Practice“ sich nicht an der Fülle der Prinzipien misst, sondern im Gegenteil an ihrer operationellen und problembezogenen Relevanz – und dass sie letztendlich auch an definierten, messbaren Leistungsindikatoren geknüpft ist.

Die eingangs angefochtene These nach einer eigenen „Governance-Kultur“ von NPO muss also teilweise revidiert werden, da es durchaus griffige Bemühungen in diese Richtung gibt. Es ist offensichtlich, dass NPO sich selbst entscheidende Fragen über ihre Identität, Werte und Organisation stellen und stellen müssen. Diese Fragen gehen weit über die antizipierte staatliche Regulierung hinaus. Es zeugt von einem neuen Selbstverständnis von NPO; es zeugt aber vor allem von einem transformierten Verhältnis zwischen den Sektoren, in welchen die Rollen der staatlichen und nicht-staatlichen (und zunehmend auch privatwirtschaftlichen) Akteure nicht mehr von vornherein klar verteilt sind, sondern in unterschiedlichsten Koalitionen und Kooperationsmodelle zum Tragen kommen. Dies bedingt aber, dass gerade NPO, deren Legitimierung primär aus ihrer Verwurzelung in sozialen Werten genährt wird, diese Werte profilierter herauskristallisieren und leben müssen.

Schlussfolgerungen

Was ich hier zu skizzieren suchte, sind operationelle Möglichkeiten von NPO, sich in einer veränderten Umwelt eine höhere Transparenz, Integrität und möglicherweise eine höhere Effektivität zu erlangen. Für viele NPO gehören solche Massnahmen und Programme schon von vornherein zur Organisationskultur, ob dies nun von kritischen Stakeholdern gefordert wird oder nicht. Es scheint aber im Nonprofitsektor das Bewusstsein, das Bedürfnis und die Notwendigkeit zu wachsen, sich aktiver und dynamischer mit diesen Fragen auseinanderzusetzen. Dies zeigt auch die stetig ansteigende Zahl von Initiativen und Netzwerken an, die verschiedensten Sektoren und Bereichen entsprungen sind. Zweifelsohne können diese Initiativen für die Glaubwürdigkeit, die Transparenz und auch für die Qualität von NPO enorm hilfreich sein.

Ich möchte an dieser Stelle aber auch unterstreichen, dass die steigende Regulierungsdichte – sei es staatlich vorgeschrieben oder auf freiwilliger Basis – nicht zwingend zu besseren, effizienteren und demokratischeren Organisationen führt. Im Gegenteil, sie können ihrerseits Organisationen schwächen, indem sie – in tendenziell chronisch unterdotierten NPO – menschliche und finanzielle Ressourcen für die Formalisierung solcher Prinzipien aufreiben und eine unproduktive Bürokratisierung vorantreiben. Dieser Leerlauf wird beschleunigt, wenn mehrere Typen und Lagen von Standards beachtet werden sollten, so etwa gesetzlich vorgeschriebene Richtlinien, die von sektoriellen Selbstregulierungsbemühungen ergänzt werden, und vielleicht noch weitere, branchenspezifische Standards (wie zum Beispiel von Dachverbänden) dazukommen. Es ist also beileibe keine leichte Aufgabe, und, wie die Praxis zeigt, auch nicht immer sinnvoll, die ganze Breitseite von Best Practice in die Organisation aufzunehmen, wenn nur viel geduldiges Papier bleibt.

Letztlich gibt es ein weiteres Risiko: Die gesetzliche Regulierung von NPO ist von Staates wegen nicht immer bloss als Qualitätssicherungsmassnahme gedacht, sondern in bestimmten Regimes wird es als reine Kontrollmassnahme entwickelt, um unliebsame Organisationen und Tätigkeiten wirksamer und erst noch legal ausschliessen zu können. Die Debatte um das neue NGO-Gesetz in Russland hat dies ans Medientageslicht gebracht, ähnlich restriktive Gesetze oder Vorschriften finden sich aber auch in vielen anderen Staaten. Der NPO-Sektor wird so der Gefahr ausgesetzt, zum blossen Dienstleistungsanbieter zu werden, und die Werte und Bedürfnisse der Menschen, die in diesem lebendigen Gebilde vertreten sind, nicht mehr vertreten und artikulieren zu können.

*Lucy Koechlin arbeitet am Basel Institute on Governance als Konsulentin in der Entwicklungszusammenarbeit, mit besonderer Expertise im Bereich der Korruptionsbekämpfung. Ihre Mandate umfassen Seminare, Evaluationen, Strategiepapiere, Expertisen und Vorträge, welche sie inbesondere für die UNDP, OECD, das Seco wie auch in fortlaufender Zusammenarbeit mit der Direktion für Entwicklungszusammenarbeit (DEZA) in der Schweiz und im Ausland wahrnimmt. Jüngste Aufträge beinhalten die Beratung der vietnamesischen Regierung hinsichtlich der Entwicklung einer nationalen Anti-korruptionsstrategie (Hanoi, November 2004), oder die Evaluation von Korruption in Afghanistan und das Verfassen einer Rahmenstrategie im Auftrag der UNDP Afghanistan (Kabul, März 2005). Lucy Koechlin ist nebenamtlich Vizepräsidentin von Transparency International Schweiz. www.baselgovernance.org/, lucy.koechlin@baselgovernance.org.

Literatur und Hinweise

  • Bendell, Jem (2006). Debating NGO Accountability. NGLS Development Dossier, United Nations.
  • Blagescu, Monica et al. (2005). Pathways to Accountability – A short Guide to the GAP Framework. One World Trust, London.
  • Ghimire, K. (2006). Financial Independence among NGOs and Social Movements. In: Development. Special Issue: Funding Social Change. Volume 49, Number 2, June 2006.
  • Hammer, Michael (2007). Global Principles for Global Players. In: Sustain Magazine 0804, July 2007.
  • Interaction (2005). Position Statement on demonstrating NGO effectiveness. Interaction
  • Lloyd, Robert (2006). The role of NGO-selfregulation in increasing stakeholder accountability. One World Trust, London.
  • Lee, Julian (2004). NGO accountability: rights and responsibilities. Programme on NGOs and Civil Society. CASIN, Geneva.
  • Silk, Thomas (2004). Ten Emerging Principals of Governance by Nonprofit Corporations and Guides to a Safe Harbor. In: The International Journal of Not-for-Profit Law. Volume 7, Issue 1, November 2004.
  • Songco, Danilo A. (2007). The Evolution of NGO Accountability Practices and their Implications on Philippine NGOs. A literature review and options paper for the Philippine Council for NGO Certification. PCNC, Manila.
  • United States Department of State (2006). Guiding Principles on Non-Governmental Organizations (NGOs), in: International Journal of Not-for-Profit Law 9(1), December 2006. 79-80.

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