Entwicklungspolitischer Dialog

Erfahrung und Kompetenz ins politische Spiel bringen

Von Martin Leschhorn Strebel

Das Netzwerk Medicus Mundi Schweiz pflegt aktiv den entwicklungspolitischen Dialog. Doch mit wem wird da dialogisiert? Und weshalb?

Lesezeit 3 min.
Erfahrung und Kompetenz ins politische Spiel bringen

Grundsätzlich geht es beim entwicklungspolitischen Dialog um den inhaltlichen Austausch zu Themen der Gesundheitszusammenarbeit und der globalen Gesundheit. Dabei bringt das Netzwerk Medicus Mundi Schweiz (MMS) die Kompetenzen seiner 50 Mitgliedorganisationen in die Gespräche mit aussenstehenden Organisationen, Institutionen und Personengruppen ein, die selbst in der Gesundheitszusammenarbeit tätig sind oder aber Entscheide treffen, welche die internationalen Gesundheitszusammenarbeit und die globale Gesundheit betreffen. Klassischerweise sind dies die Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) oder das Bundesamt für Gesundheit.

Die spezifische Fachkompetenz zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass sie auf den konkreten Erfahrungen aus dem Feld beruhen. Damit bringen wir immer auch die Perspektive der von hiesigen Entscheiden betroffenen Bevölkerungen des globalen Südens ein – und wir tun dies immer auch in dem Sinne, dass wir anwaltschaftlich für das Recht auf Gesundheit einstehen.

Es geht MMS beim entwicklungspolitischen Dialog also auch immer darum für unsere Positionen zu sensibilisieren und die Qualität der Schweizer Beiträge zur globalen Gesundheit zu stärken. Konkret haben im Berichtsjahr 2015 einige Mitgliedorganisationen über MMS den Entwurf zum globalen Gesundheitsprogramm (Strategic Framework, Global Health 2015-2019) kommentiert und an einer Sitzung mit den DEZA-Verantwortlichen besprochen. Umgekehrt – und das ist beim entwicklungspolitischen Dialog zentral – lernen auch wir als Gesprächspartner durch den entwicklungspolitischen Dialog. Wir lernen dabei andere Sichtweisen auf die Gesundheitszusammenarbeit kennen, können neue Themen ausfindig machen und hinterfragen idealerweise auch eigene Positionen und Ansätze. Dies muss dann wieder in die eigenen Austausch- und Lernprozesse fliessen.

Zum Beispiel die IZA-Botschaft

Eine grössere Arbeit von MMS erforderte die Auseinandersetzung mit der Entwicklung der neuen Botschaft des Bundesrates zur internationalen Zusammenarbeit 2017-2020 (IZA-Botschaft). Die DEZA hat in der Vorbereitung sehr bewusst den Dialog mit der Zivilgesellschaft gesucht. Als Netzwerk haben wir dabei versucht, das Engagement unserer Mitgliedorganisationen in Hinblick auf eine gemeinsame Positionierung zu koordinieren und diese Position dann auch in den Dialog einzubringen.

An einem Workshop mit 21 TeilnehmerInnen haben im Juni die Mitgliedorganisationen eine gemeinsame Sichtweise auf die noch nicht vorhandene Botschaft entwickelt. Sie wollten, dass die künftige entwicklungspolitische Strategie des Bundes daraufhin analysiert werde, welche Wirkung die Schweizer Entwicklungspolitik insgesamt auf die Gesundheit in Entwicklungs-, Schwellen- und Transitionsländern haben werde.

Ein solcher  Health in All-Policies-Ansatz (PAHO: About Health in All Policies) darzulegen, war um einiges aufwendiger: Es genügte nicht, sich bei der Analyse des Entwurfs zur Botschaft auf die Aspekte zu konzentrieren, welche die Gesundheitszusammenarbeit im engeren Sinn betreffen. In den Blick genommen werden musste eben das ganze Tätigkeitsfeld, das nicht nur die klassische Südarbeit umfasst, sondern auch die Humanitäre Hilfe, das Schweizerische Korps für Humanitäre Hilfe, die wirtschafts- und handelspolitischen Massnahmen im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit oder die Transitionszusammenarbeit zugunsten der Staaten Osteuropas und Zentralasiens. (Entwicklungspolitik, Gesundheit und das liebe Geld, MMS Bulletin Nr. 136).

Diese Position haben wir anschliessend in die von der DEZA organisierte Dialogveranstaltung eingebracht und in unsere Stellungnahme zur Botschaft gegossen. Zu einem spezifischen Aspekt der Botschaft, nämlich der Rolle der Gesundheit in der Humanitären Hilfe, dauert der Dialog weiter an.

Der MMS Vorstand ist gewillt, dem entwicklungspolitischen Dialog auch in Zukunft das notwendige Gewicht zu geben. Er bedeutet letztlich, die gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen und mit einer gemeinsamen Stimme die Erfahrungen und das Wissen von 50 zivilgesellschaftlichen Organisationen und wissenschaftlichen Institutionen hier in der Schweiz fruchtbar zu machen.

 

 

Parlamentarische Gruppe globale Gesundheit

(Foto: Thomas/flickr)

In der Wintersession 2015 des Parlaments haben Ständerätin Liliane Maury Pasquier und Nationalrätin Rosmarie Quadranti die parlamentarische Gruppe globale Gesundheit lanciert. Entstanden ist sie auf Initiative des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz in Zusammenarbeit mit der Swiss Malaria Group. Letztere führte im April 2015 mit Beteiligung von MMS eine Studienreise für Parlamentarierinnen und Parlamentarier in Tansania durch.

Die parlamentarische Gruppe globale Gesundheit möchte Möglichkeiten schaffen, sich mit Themen globaler Gesundheit vertieft auseinanderzusetzen und wo nötig auch gemeinsames Handeln zu definieren. Rosmarie Quadranti meinte anlässlich der Gründungsveranstaltung im Februar 2016: „Globale Gesundheitsthemen haben gesundheits- und wissenschaftspolitische, aussen- und entwicklungspolitische wie auch sicherheits- und wirtschaftspolitische Dimensionen. Es ist gut, wenn wir Parlamentarierinnen und Parlamentarier die hier in der Schweiz vorhandene vielfältige Kompetenz für diese Themen nutzen, kritisch reflektieren und stärken.“

Das Netzwerk Medicus Mundi Schweiz führt die Geschäftsstelle der parlamentarischen Gruppe globale Gesundheit.

 

Advocacy und entwicklungspolitischer Dialog: Schwerpunkte 2015

  • MMS hat den Ausarbeitungsprozess zur Botschaft des Bundesrates zur internationalen Zusammenarbeit begleitet und eine gemeinsam mit und für seine Mitgliedorganisationen Stellung genommen.
  • MMS hat die Thematik Gesundheit in der Entwicklungszusammenarbeit der Schweiz 2015 als Schwerpunkt verfolgt und dass MMS Symposium der Thematik gewidmet.
  • MMS hat sich an einer parlamentarischen Studienreise für ParlamentarierInnen nach Tansania beteiligt.
  • MMS hat die parlamentarische Gruppe globale Gesundheit initiiert.

 

 

 

 

 

 

 

Martin Leschhorn Strebel
Martin Leschhorn Strebel, Geschäftsführer MMS