Bei in Entwicklungsländern verkauften Zigaretten fehlen Warnungen

Vom Rauch verhüllt

Von Jörg Schaaber

Rauchen schadet der Gesundheit, diese Erkenntnis setzt sich in Industrieländern zunehmend in den Köpfen der VerbraucherInnen fest und sie rauchen weniger - zum Verdruss der Tabakindustrie. Die grossen Tabakkonzerne versuchen seit einiger Zeit erfolgreich, in der Dritten Welt und in Osteuropa neue Märkte zu erschliessen. Warnungen vor den Gefahren des Rauchens sind da lästig. Eine Untersuchung der US-Verbrauchergruppe Public Citizen zeigt, dass die Industrie in der Dritten Welt viel weniger warnt.

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Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO rauchen derzeit 1,1 Milliarden Menschen, das ist ungefähr ein Drittel der Weltbevölkerung über 15 Jahren. Die WHO schätzt, dass 2020 jährlich 10 Millionen Menschen an den Folgen des Rauchens sterben werden, davon 7 Millionen in Ländern der Dritten Welt. Das bedeutet, dass Tabak dann mehr Menschenleben kosten wird, als jede andere Krankheit. Diese Prognose ist Folge der aggressiven Vermarktungsstrategien multinationaler Tabakkonzerne, die die Zahl der Raucher/innen in den Ländern des Südens rasch wachsen lässt. Wie sich in Industrieländern nachweisen lässt, spiegelt die Entwicklung der Todesrate an Raucherkrankheiten den Tabakverbrauch 30-40 Jahre zuvor wieder.

Während in den USA der Tabakverbrauch von 1990-1995 um 4,5% zurückging, wuchs er im selben Zeitraum in Asien um 8%. Die USA sind inzwischen zum weltgrössten Exporteur von Zigaretten geworden. Der grösste US-Hersteller, Philip Morris, schraubte 1997 seinen Gewinn im Ausland auf die Rekordhöhe von 4,5 Milliarden US$.

Warnungen wirken - wenn sie eingesetzt werden

Wer den Tabakverbrauch senken will, muss an vielen unterschiedlichen Punkten ansetzen. Unstrittig spielen die Einschränkung von Tabakwerbung sowie Warnhinweise eine wichtige Rolle. Mit dem letzten Punkt hat sich die Studie von Public Citizen auseinandergesetzt. Vor allem für Länder der Dritten Welt, wo es wenig unabhängige Informationen über die Gefahren des Rauchens gibt, wären Warnhinweise besonders wichtig. Die Studie von Public Citizen, die Daten aus 26 Entwicklungs- und 17 Industrieländern berücksichtigt, deckt jedoch gravierende regionale Unterschiede in der Bereitschaft der US-Firmen auf, die Konsument/innen zu warnen. Als Massstab dienten Warnungen vor 10 verschiedenen Gesundheitsrisiken durch das Rauchen, die in den USA und/oder in der Europäischen Union vorgeschrieben sind. Während in den USA 6 der Warnungen vorkommen und im Durchschnitt der Industrieländer noch 5, sind es in der Dritten Welt nur 1,6 Warnhinweise. Vor Herzerkrankungen wurde in über 80% der Industrieländer gewarnt, aber nur in 23% der Entwicklungsländer. Die Aussage "Rauchen tötet" gab es fast in der Hälfte (47,1%) der reichen Länder, aber nur in 11,5% der Süd-Länder.

* Stark gekürzte Fassung eines Artikels von Jörg Schaaber, BUKO Pharma-Kampagne, der zuerst im BUKO Pharma-Brief veröffentlicht wurde. Er bezieht sich auf: Public Citizen, Smokescreen, Double Standards of U.S. Tobacco Companies in International Cigarette Labeling, Washington, 9.9.1998