Von Susanne Rohner
Weltweit haben 200 Millionen Frauen trotz Nachfrage keinen Zugang zu Verhütungsmitteln. Als Folge ungewollter Schwangerschaften werden jährlich 19 Millionen risikoreiche, das heisst von Laien durchgeführte Schwangerschaftsabbrüche vorgenommen. Zwischen 65’000 und 70’000 Frauen sterben daran. Obschon Familienplanung eine eigentlich kostengüstige Massnahme zur Verbesserung der reproduktiven Gesundheit und zur Bekämpfung der Armut wäre, wurde dieser Bereich allzu lange vernachlässigt, wie ein eben veröffentlichter Bericht zeigt.
Der Bericht “Contraception at a Crossroads” von IPPF, der International Planned Parenthood Federation, geht den strukturellen Ursachen nach, die verhindern, dass Verhütungsmittel all die Menschen erreichen, die sie eigentlich dringend bräuchten. Dr. Gill Greer, die Direktorin von IPPF, hat den Bericht anlässlich eines Besuches in der Schweiz am 15. September an einer von PLANeS organisierten Veranstaltung für Fachleute in Bern vorgestellt. „In der Frage des Zugangs zu Verhütungsmitteln, zu qualifizierten Gesundheitsdiensten, zu Bildung und Informationen handelt es sich um eine Frage von Rechten, von sexuellen und reproduktiven Rechten, die allen zustehen“, stellt sie klar.
Schätzungen zufolge wird die globale Nachfrage nach Verhütungsmitteln in den nächsten 15 Jahren um 40% anwachsen, da Millionen von Jugendlichen in diesem Zeitraum sexuell aktiv werden. Die globalen Entwicklungsziele der internationalen Gemeinschaft können angesichts dieser Situation nur erreicht werden, wenn Investitionen in Verhütungsmittel sowie weitere Massnahmen und Mittel zur Sicherung der reproduktiven Gesundheit zu Prioritäten der Regierungen und Geberländer werden.
Damit alle das Recht beanspruchen können, selber zu beeinflussen, ob und wann sie schwanger werden und wie viele Kinder sie haben möchten, müssen neben finanziellen Ressourcen, politischem Willen und einem Gesundheitssystem mit funktionierender Basisversorgung die folgenden Voraussetzungen erfüllt werden:
• Sowohl die Entwicklungsländer selber als auch Geberländer müssen deutlich
mehr Geld in Reproductive Health Supplies investieren - das sind Mittel zur
Sicherung der reproduktiven Gesundheit wie Verhütungsmittel, aber auch medizinische
Versorgung und Informationen.
• Reproductive Health Supplies müssen separat im Gesundheitssektor aufgeführt
sein und in den Gesundheitsstrategien, Initiativen und Projekten speziell berücksichtigt
werden.
• Regierungen sollen die Zusammenarbeit mit dem privaten Sektor verstärken,
inklusive NGOs und pharmazeutischen Unternehmen. Es braucht zahlbare Produkte,
die auch den Bedürfnissen der Leute entsprechen.
• Damit Verhütungsmittel diejenigen erreichen, die sie brauchen, muss jeder
Schritt einer komplexen Versorgungskette gesichert sein. Dazu müssen zum einen
die nötigen Kompetenzen gefördert werden und zum anderen logistische Herausforderungen
gelöst werden.
• Um Versorgungsengpässe zu verhindern, müssen die Prozesse bezüglich Umsatzprognosen
und Beschaffung neuer Produkte harmonisiert werden.
• Grundsätzlich muss ein günstiges Umfeld geschaffen werden, damit exuelle und
reproduktive Rechte realisiert werden können. Voraussetzungen dazu sind unter
anderem Strukturen, welche die Gleichstellung der Geschlechter fördern, Zugang
für alle zu Informationen und Bildung, Sexualerziehung von Jugendlichen sowie
die Förderung der Kompetenzen all der Mitarbeitenden in Gesundheitsberufen,
die Verhütungsmittel abgeben. Männer müssen in Strategien einbezogen und schädliche
Praktiken wie weibliche Genitalverstümmelung oder Verheiratung von Minderjährigen
verhindert werden.
*Susanne Rohner ist bei PLANeS, der Schweizerischen Stiftung für sexuelle
und reproduktive Gesundheit, zuständig für Advocacy und Kommunikation. Der nationale
Dachverband der anerkannten Beratungsstellen für Familienplanung, Schwangerschaft,
Sexualität und Sexualerziehung sowie von entsprechenden Berufsverbänden, setzt
sich auf nationaler und internationaler Ebene für die Rechte im Bereich sexuelle
und reproduktive Gesundheit ein. PLANeS führt das Sekretariat der parlamentarischen
Gruppe Kairo+.
Kontakt: susanne.rohner@plan.s.ch