Editorial

Von Helena Zweifel

Auf welchen Ressourcen und Stärken von werdenden Müttern können Programme zur Prävention der vertikalen HIV-Übertragung aufbauen? Dies ist eine der Fragen, die in den lebhaften Diskussionen an der Fachtagung von aidsfocus.ch zu „Positiver Mutterschaft“ vom 26. April 2007 in Bern aufgeworfen wurden. Doch wie wir bald merkten, wird diese Frage bei der Entwicklung von Strategien und Pogrammen zur Prävention der Übertragung des HI-Virus aufs Kind kaum jemals gestellt.

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Es ist der sehnlichste Wunsch jeder werdenden Mutter, einem gesunden Kind das Leben zu schenken, und sie würde dafür alles dafür tun. Doch ebenso stark sind der Wunsch und die Notwendigkeit, innerhalb der Familie und der Gemeinschaft akzeptiert und aufgehoben zu sein, und diese Zugehörigkeit mag eine der stärksten Ressource der werdenden Mutter sein. Gerade in den Ländern Afrikas und Asiens ist es nicht die individuelle Frau, die für sich entscheidet, ob sie ein Kind haben möchte oder nicht, ob sie den HIV-Test macht und falls notwendig Medikamente zur Prävention der HIV-Übertragung nimmt. Es ist auch nicht sie, die allein entscheidet, ob sie ihr Baby ausschliesslich stillt oder mit Babynahrung füttert, in einer Gemeinschaft, in der Stillen die Norm ist, und in der alle dem Kleinen zusätzlich zu essen geben. Die Angst vor dem „Entdecktwerden“, der Stigmatisierung und der Ausgrenzung kann dazu führen, dass eine junge Mutter wider bessern Wissens handelt. Diese Angst kann zur treibenden Kraft werden. Und dies ist die Tragödie.

Wie sieht vor diesem Hintergrund eine Strategie aus, die auf Stärken von Frauen aufbaut? Gewiss ist es wichtig, Frauen zu ermutigen, sie zu stärken und sie bei einem positiven HIV-Testresultat auf ihrem Weg zu begleiten. Auch der Mütter-zu-Mütter-Ansatz, bei dem HIV-positive Mütter einander als Mentorinnen und Freundinnen unterstützen, ist wirkungsvoll. Aber ebenso wichtig ist ein familienzentrierter Ansatz, der den Partner, die Familie und die Gemeinschaft in Massnahmen zur Verhinderung der vertikalen HIV-Übertragung einbezieht. Insbesondere sollen Männer zu verantwortungsvoller Elternschaft ermutigt werden, denn Fragen rund um reproduktive Gesundheit, Familienplanung, Säuglingspflege, freiwillige und vertrauliche HIV-Beratung und Testung betreffen auch sie.

*Helena Zweifel ist Co-Geschäftsführerin des Netzwerks Medicus Mundi Schweiz und Koordinatorin der Fachplattform aidsfocus.ch. Kontakt: hzweifel@medicusmundi.ch