Mutter-Kind-Programm des Schweizerischen Roten Kreuzes in Laos

Auf den Markt – und zur Mütterberatung

Von Flavia Caviezel

Gesundheitszentren für Mütter und Kinder sind oft aufgrund ihres ungünstigen Standorts schlecht frequentiert. In dezentrale Provinzspitäler integriert, sind sie vor allem für Frauen aus ländlichen Gegenden nur schwer zugänglich oder unerreichbar. Aus diesen Fehlern hat das Rote Kreuz in Laos gelernt. Überzeugend ist die Idee, die Kliniken dort zu errichten, wo die Frauen täglich anzutreffen sind: auf dem Markt, der Drehscheibe von Einkauf, Verkauf und Informationsaustausch.

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Die Mutter-Kind-Klinik in Oudomxay, der Hauptstadt der gleichnamigen nordlaotischen Provinz, liegt inmitten der Stadt, in nächster Nähe zum Marktplatz. Sein Äusseres gleicht eher einem Wohn- oder Geschäftshaus als einem Spital. Damit wird die Hemmschwelle, das Gebäude zu betreten, bewusst tief gehalten. Dieser ideale Standort besteht erst seit einigen Jahren: Bis 1996 war die Klinik ins Provinzspital integriert; sie wurde damals von Frauen und Müttern jedoch nur wenig genutzt. Wichtigster Grund für das Fernbleiben der Frauen waren die zusätzlichen Kosten, die die Fahrt zum dezentral gelegenen Spital - es liegt zwei Kilometer vom Marktplatz entfernt - verursachte.

Bei der Standortwahl von Mutter-Kind-Kliniken wird demnach die Lebenssituation von Frauen oft zu wenig berücksichtigt. Diese Erkenntnis führte in Oudomxay kurzerhand dazu, dass die Mutter-Kind-Klinik aus dem Provinzspital herausgelöst und an einem neuen Standort in Marktnähe errichtet wurde. Nun können Frauen und Kinder beim Gang zum Markt, wo die Stadt- und Landbevölkerung einkauft oder sich zu einem Schwatz trifft, gleichzeitig die angrenzende Klinik zur Beratung oder Behandlung aufsuchen.

Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen deutlich, dass sich der Standortwechsel in Oudomxay gelohnt hat: Erstbesuche sowie weitere Konsultationen von Frauen und Müttern haben sich beispielsweise im Bereich der vorgeburtlichen Untersuchungen innerhalb der ersten fünf Monate fast verdreifacht. Dies ist auch auf ein besseres Angebot zurückzuführen. Das durch das SRK fundierter ausgebildete Personal misst der Prävention grosses Gewicht bei. Pränatale Untersuchungen, postnatale Betreuung und Beratung sowie Impfungen und Familienplanung sind die zur Verfügung stehenden Dienstleistungen. Da die Verantwortlichen eng mit dem Provinzspital zusammenarbeiten, können Frauen oder Kinder mit ernsthafteren Erkrankungen weiterverwiesen werden.

Bessere Gesundheitsversorgung für Frauen und Kinder - auch in den abgelegenen Dörfern

In zahlreichen laotischen Provinzen ist die Gesundheitsversorgung immer noch ungenügend: Vor allem für Mütter und Kinder sind nur wenige Gesundheitszentren vorhanden, in denen die Frauen kompetent beraten werden und auch Prävention eine wichtige Rolle spielt. Einer der Gründe dafür ist die nach wie vor schwierige wirtschaftliche Lage: Laos ist mit 4,9 Millionen Einwohner/innen auf 236’800 km2 zwar einer der am dünnsten besiedelten Staaten der Region, jedoch auch eines der ärmsten Länder weltweit. 1995 wurde ein Bruttosozialprodukt von 350 Dollar pro Person ausgewiesen. Rund drei Viertel der Bevölkerung sind Bäuerinnen und Bauern, die in weit verstreuten Dörfern in äusserst schwer zugänglichen Gegenden leben und sozusagen nur produzieren können, was sie für den Eigenbedarf benötigen.

Dort, wo Verbesserungen im sozialen Bereich angestrebt werden, etwa im Gesundheits- und Erziehungswesen etwa, kommen sie vor allem dem Viertel der Einwohner/innen zugute, die in Städten und Dörfern am Ufer des Mekongs wohnen. Die Bauernfamilien in den unzugänglichen Bergregionen sind davon noch fast vollkommen abgeschnitten. Sie leben ein selbstgenügsames Leben, ernähren sich vorwiegend von Reis, den sie in mühsamer Arbeit an steilen Berghängen anpflanzen, verfügen nur selten über sauberes Trinkwasser und leiden verbreitet an typischen Tropenkrankheiten wie Malaria, Infektionen der Atemwege und Durchfallerkrankungen.

Die Kindersterblichkeit ist hoch: 1996 starben von 1000 Kindern, die in Laos lebend geboren werden, 102, bevor sie ein Jahr alt, und 128, bevor sie fünfjährig waren. Auch die Müttersterblichkeit ist mit 6,5 Todesfällen auf 1000 Lebendgeburten beträchtlich. Ein neuer wirtschaftlicher und sozialer Entwicklungsplan sieht für die nächsten Jahre unter anderem vermehrte Investitionen im Gesundheitswesen und bei Infrastruktureinrichtungen vor, mit dem Ziel, die durchschnittliche Lebenserwartung von 51 (1994) auf 60 Jahre zu erhöhen.

Das Engagement des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK) in Laos geht auf die 70er Jahre zurück, als in der Provinz Luang Prabang eine chirurgisch-medizinische Equipe im Einsatz war. 1989 kehrte das SRK auf Wunsch der laotischen Regierung mit einem Programm zur Verbesserung der öffentlichen Gesundheitsversorgung nach Luang Prabang zurück. Neuerdings sind die Aktivitäten des SRK auch auf die Subdistrikte ausgedehnt worden mit dem Ziel, ein Gesundheitssystem aufzubauen, das die medizinische Versorgung von der Provinz über Distrikte und Subdistrikte bis in die Dörfer gewährleistet. Dies soll zukünftig denselben Erfolg, den die Mutter-Kind-Klinik von Oudomxay erfahren hat, für weitere Regionen des Landes bringen: Auch Frauen und Kinder, die in abgelegeneren Gebieten wohnen, werden die Möglichkeit haben, sich in einem Gesundheitszentrum in Marktnähe beraten oder behandeln zu lassen.

Flavia Caviezel ist Mitarbeiterin des Schweizerischen Roten Kreuzes.

Auch in der Stadt: Schwieriger Zugang zu Gesundheitseinrichtungen

Prekäre Lage in den Slums von Dhaka

fc. "In Bangladesh besteht die Tendenz, dass Kranke zur Behandlung nach Indien reisen - wegen der geringeren Kosten und des besseren Services." Diese Aussage stammt von Dr. Dibalok Singha, der die schlechte Gesundheitsversorgung aus der Praxis kennt. Als Vorstandsmitglied der im urbanen Umfeld verwurzelten Nicht-Regierungsorganisation Dushtha Shasthya Kendra (DSK) engagiert er sich seit vielen Jahren für bessere Gesundheitsbedingungen in Bangladesh. Denn nicht nur in ländlichen Gegenden, sondern auch in den Slums grosser Städte wie Dhaka ist die Lage prekär.

Die Armut widerspiegelt sich auch in der gesundheitlichen Verfassung der Menschen: Rund 60% der bengalischen Bevölkerung, vor allem Frauen und Kinder, gelten als chronisch mangelernährt. Ein unberechenbares gesundheitliches Risiko für über zwei Drittel der Bevölkerung sind sporadisch auftretende Arsenvergiftungen in Gewässern. Die mit der Verarmung der Landbevölkerung einhergehende Abwanderung in urbane Zentren – geschätzt werden für das Jahr 2000 über 23 Millionen verarmte Städter/innen – führt ihrerseits auch im Gesundheitsbereich zu grossen Engpässen.

Angesichts dieser Notlage bietet DSK bereits seit mehreren Jahren in sogenannten Satellitenkliniken rudimentäre Gesundheitversorgung an. Patientinnen und Patienten beteiligen sich je nach finanziellen Möglichkeiten an den anfallenden Kosten. Die Versorgung ist jedoch in verschiedenen Slumgebieten noch nicht gewährleistet. Um diese Lücke zu schliessen und ca. 50'000 weitere Personen mit einem noch breiteren Angebot zu erreichen, hat DSK seit Januar 1999, mit Unterstützung des Schweizerischen Roten Kreuzes, ein neues Projekt gestartet: Sie richtet ein Gesundheitszentrum in einem noch unterversorgten Slumgebiet von Dhaka ein. Zukünftig werden dort verschiedene Dienstleistungen, schwergewichtig für Frauen und Kinder der städtischen Unter- und verarmten Mittelklasse, angeboten. Neben der Behandlung von am häufigsten auftretenden Krankheiten werden Kleinkinder geimpft und mit Vitamin A versorgt. Schwangere Frauen erhalten vorgeburtliche Betreuung und Geburtshilfe. Während der Warte- und Aufenthaltszeiten in der Klinik sensibilisiert das Gesundheitspersonal die Patientinnen für Fragen der Gesundheit und Hygiene. Im Gesundheitszentrum werden auch ambulante kleinchirurgische Eingriffe vorgenommen und diagnostische Dienstleistungen erbracht (Laboruntersuchungen, Röntgen).

Dr. Singha verspricht sich vor allem eine Verbesserung der Betreuung und Behandlung von Müttern und Kindern, so dass beispielsweise die hohe Kindersterblichkeit gesenkt werden kann: 1996 starben 83 von 1000 Kindern bei der Geburt, rund 1/8 noch vor ihrem fünften Lebensjahr.